Meditation im Alltag
Meditation im Alltag
Vom Holzhacken und Wasserholen
Zen-Meister wie Ikkyu sind dafür bekannt, dass sie Ehrfurcht vor den kleinen Dingen des Lebens haben. Auf die Frage: „Was hast du gemacht, bevor du erleuchtet wurdest?“ antworten sie:“ ich habe Holz gehackt und Wasser vom Brunnen geholt.“ Fragt man sie “ Und was machst du jetzt, nachdem du erleuchtet bist?“, dann lautet ihre Antwort: „Ich hacke Holz und hole Wasser vom Brunnen.“ Natürlich haben Holzhacken und Wasserholen eine völlig andere Qualität, wenn man es mit der Klarheit und Bewußtheit eines Erleuchteten tut. Jede kleine Handlung ist ein Akt der Meditation. Holzhacken, die Schuhe neben den Schirm stellen, den Reis waschen, den Boden putzen – keine Tätigkeit ist zu gering oder zu unwichtig, als dass sie unaufmerksam, unbewusst oder roboterartig getan werden dürfte.
Tatsächlich ist es viel leichter, bei einfachen körperlichen Tätigkeitn bewußt zu sein. Unser Verstand wird eigentlich nicht gebraucht, Gedanken, die ablenken könnten, sind unnötig, und weil unser Körper diese Dinge schon Hunderte von Male getan hat, gibt es keine Spannung, wie wenn man etwas Neues zu lernen versucht. Entspannt und frei von Gedanken bleibt uns nur, auf die Bewegungen des Körpers zu achten und unseren Körper zu spüren. Stimmt doch, oder?
Nun ja, nicht ganz. Jedenfalls nicht für die meisten von uns. Die meisten von uns verschenken diese Gelegenheit zu Meditation und Entspannung, weil wir immer danach trachten, die Dinge so schnell wie möglich zu erledigen, damit wir fertig werden, und es uns dann „gutgehen“ zu lassen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die meisten Unfälle im Hause passieren. Wenn die Leute zu Hause sind und die kleinen häuslichen Pflichten der Reinigung und Instandhaltung erledigen, sind ihre Gedanken Tausende Kilometer oder viele Stunden weit entfernt und planen, was sie alles tun werden, wenn diese mühsame Sache erledigt ist. Und es passiert gerade dann, wenn wir nicht „präsent“ sind bei dem, was wir tun, dass wir von der Leiter fallen oder uns den eigenen Daumen an die Wand nageln.
Irgendwann haben wir diese Vorstellung übernommen, dass so einfache Dinge wie Putzen, Wäsche waschen, Geschirrspülen usw. „Pflichten“ seien. Schon das Wort „Pflicht“ klingt nach etwas, das man nicht gerne tut – etwas , zu dem man bestochen werden muss, vielleicht durch ein wöchentliches Taschengeld? Aber jetzt wo du erwachsen bist kannst du dich nicht einmal auf diese Belohnung freuen!
Mach ein mal folgendes Experiment: Das nächste Mal, wenn du einen Tag zu Hause verbringst, tue einfach immer gerade das, was getan werden muss. Und denke nicht darüber nach, was als nächstes kommt – es kommt, wenn es kommt, und wenn du darüber nachdenkst, wirst du im gegenwärtigen Augenblick unaufmerksam und ineffizient sein: „Wo habe ich nur den Schraubenzieher hingetan? “ Achte auf Gelegenheiten, Spaß zu haben: Singe mit dem Staubsauger um die Wette oder mache ein Tänzchen mit dem Besen. Schau, wie du deine Sinne auf eine neue Art gebrauchen kannst etwa, indem du den chromblitzenden Wasserhahn bewunderst, das Gewebe der Wäschestücke fühlst und den kleinen platzenden Geräuschen, die sie machen, zuhörst. Und gönne dir eine schöne entspannende Dehnung, wenn du dich auf Hände und Knie hinunterlässt, um den Boden blank zu wischen.
Hausarbeit hat auch etwas Schönes. Für jemanden, der die ganze Teit mit dem Kopf arbeitet, kann sie wirklcih eine wunderbare, regenerierende Abwechslung bedeuten. Du brauchst nur deine Einstellung zu ändern. Sei kreativ und erfinde neue Methoden, um dich bei den kleinen Dingen des Lebens zu entspannen und deinen Spaß zu haben
Aus dem Buch „Body Wisdom“ von Anando Würzburger und Amiyo Ruhnke